23. Juni 2021 | von Lara Zamilski

Falsche Toleranz

„Toleranz an und für sich ist nicht unbedingt ein Problem. Toleranz kann gut sein, an der richtigen Stelle. Und sie kann schlecht sein und zu tödlichen Kompromissen führen, wenn sie am falschen Platz ist.“

David Mathis (Executive Editor von Desiring God) zeigt anhand von Offenbarung 2, 18-29 und der Gemeinde in Thyatria, welche Art von Toleranz die falsche ist. Gerade in unserer Zeit, wo Toleranz hochgehoben, proklamiert und an allen Ecken gefordert wird, ist es so wichtig, dass wir in Gottes Wort schauen und uns unter seine Weisheit stellen.

Die Gemeinde in Thyatria ist die vierte Gemeinde, die ein Sendschreiben erhält. „Über Thyatira ist wenig bekannt, weil nur noch wenig existiert, das [diese Stadt] erwähnt. Dennoch ist dies auch der längste der sieben Briefe. Nehmt nicht an, klein heißt unbedeutend“. Zu Beginn des Briefes wird die Gemeinde gelobt: „Jesus rühmt das Wachstum der Gemeinde in Taten der Liebe […] Dies ist eine liebevolle Gemeinde – das ist gut. Und es gibt gute, treue Menschen in der Gemeinde, auch wenn die Leiterschaft kompromittiert sein mag […]Diese Gemeinde kümmert sich um die Bedürfnisse der anderen. Das ist eine Gemeinde, die praktische Bedürfnisse erfüllt. Während die Gemeinde in Ephesus gut darin war, ihre lehrmäßigen Ziele zu erreichen, aber in der praktischen Liebe versagte (2,1-7), ist die Gemeinde in Thyatira stark in ihren Diensten der Barmherzigkeit und in der Fürsorge für die Schwachen.“ All diese Punkte zeigen, dass die Gemeinde lobenswert ist in ihrem Dienst und ihrer Liebe zu anderen, zu ihren Nächsten. Doch dort hört der Brief nicht auf.

„Auf der anderen Seite sollten wir nicht annehmen, dass alles gut ist, nur weil eine Gemeinde in der Gemeinschaft aktiv ist. Jesus lobt diese Gemeinde für ihr Wachstum in der Liebe, aber er korrigiert ihre Kompromissbereitschaft.“

In Offenbarung 2, 20-23 heißt es: „Aber ich habe gegen dich, dass du das Weib Isebel gewähren lässt, die sich eine Prophetin nennt und meine Knechte lehrt und verführt, Unzucht zu treiben und Götzenopfer zu essen. Und ich gab ihr Zeit, damit sie Buße tut, und sie will nicht Buße tun von ihrer Unzucht. Siehe, ich werfe sie aufs Bett und die, welche Ehebruch mit ihr treiben, in große Bedrängnis, wenn sie nicht Buße tun von ihren Werken. Und ihre Kinder werde ich mit dem Tod töten, und alle Gemeinden werden erkennen, dass ich es bin, der Nieren und Herzen erforscht; und ich werde euch einem jeden nach euren Werken geben.“

Das Problem lautet: Du tolerierst die Frau Isebel. Wie wir oben festgehalten haben – Toleranz ist zunächst einmal nichts Schlechtes. Doch Jesus spricht hier eine falsche Toleranz der Gemeinde an, die er korrigieren möchte.

„Es gibt eine Art von Toleranz in der Gesellschaft, auf dem öffentlichen Platz, in der bürgerlichen Sphäre, die es Menschen mit unterschiedlichen religiösen Überzeugungen erlaubt, in Frieden zusammenzuleben und sich gegenseitig als Menschen zu respektieren.“ Wir als Christen treten ganz klar gegen die Diskriminierung von (religiösen) Minderheiten ein. Wir befürworten ein friedliches Zusammenleben in gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Liebe. Doch hier kommt das große Aber.

„Aber diese Unterscheidung zwischen der Gemeinde und der Stadt, oder der Welt, ist wichtig, im Auge zu behalten. Das Problem mit einigen aus der Gemeinde in Thyatira ist, dass ihre Toleranz an der falschen Stelle sitzt. Sie mögen in der Stadt bewundernswert tolerant gegenüber anderen Ansichten sein. Aber sie sind in der Welt. Sie sind Kulturbefürworter und -teilnehmer. Sie sind da draußen und tun Taten der Liebe in Thyatira. Aber in ihrer weiten, unterschiedslosen Liebe in der Welt sind sie in der Gemeinde unaufmerksam geworden – was in großherzigen Gemeinden passieren kann.“

Was ist das Problem der Gemeinde in Thyatira? Sie sind tolerant an der falschen Stelle. Und die Toleranz, die sie an der falschen Stelle in der Stadt und ihrem Nächsten gegenüber geübt haben, hat sich in die Gemeinde eingeschlichen. Sie sind unaufmerksam geworden. Sie haben plötzlich angefangen, Sünde zu tolerieren.

Mathis gibt einen kurzen Überblick über die Erwähnung von Isebel. In den Tagen, als Elia Prophet in Israel war, tat  König Ahab, was böse in Gottes Augen war und nahm Isebel (vom König der Sidonier) zu seiner Frau (vgl. 1. König 16, 31). „Es war eine Kompromissehe: Sie betete den falschen Gott Baal an, und als Ahab sie heiratete, tat er das bald auch. Isebel nutzte ihre Macht als Königin, um wahre Propheten Gottes zu töten (1. Könige 18,4.13), und drohte, auch Elia zu töten (1. Könige 19,2). In 1. Könige 21,25 heißt es, dass sie Ahab zum Bösen anstiftete.“

Isebel verführte den König von Isreal dazu, Böses zu tun, zu sündigen und Gottes Wege zu verlassen. Ähnlich ist es hier. Sie lehrt und verführt Gottes treue Knechte, Unzucht zu treiben und Götzenopfer zu essen. „Es ist nicht unbedeutend, dass diese sogenannte Isebel in Thyatira, wer auch immer sie ist, eine Frau ist. Obwohl Isebel nicht König war, stachelte sie ihren schwachen Mann zum Bösen auf. Er ließ sie gewähren. Vielleicht war eine ähnliche Dynamik in Thyatira am Werk, und die Leiter haben ihr eine Leine gegeben und waren nachsichtig mit ihr, weil sie eine Frau ist, vielleicht sogar die Frau eines von ihnen.“

Die Frau, von der hier die Rede ist, hat sehr viel Einfluss in dieser Gemeinde. Sie verführt die Christen von Thyatira, zu sündigen und das zu tun, was böse in Gottes Augen ist: Unzucht treiben und Götzenopfer essen. Das sind wahrscheinlich die zwei größten kulturellen Kompromisse dieser Zeit. Und der Weg dorthin ist nicht wirklich überraschend für eine Gemeinde, die so sehr darauf bedacht ist, in der Liebe zum Nächsten zu wachsen. Denn gleichzeitig sind sie auch der Versuchung ausgesetzt, „dem Fleisch und dem sozialen Druck, der sie umgebenden ungläubigen Welt nachzugeben“.

Was bedeutet das für uns heute? Jede Generation von Christen sieht sich mit der Frage konfrontiert, was von Kultur und Gesellschaft angenommen und was abgelehnt werden soll. Mathis sagt sogar, dass es in unserer Zeit mehr und mehr kompliziert wird, weise Entscheidungen zu treffen, weil unsere Kommunikationsmöglichkeiten uns mit Menschen und Ideen aus der ganzen Welt in Verbindung bringen. Was davon ist gut, was davon schlecht? Um diese schweren Fragen beantworten zu können (und hierbei gibt es keine direkte Antwort), müssen wir alle unbedingt in Gottes Wort verwurzelt sein und treuen, biblischen Lehren zuhören.

Thyatira hatte mit Unzucht zu kämpfen. Das hört sich für uns heute nicht fremd an. „Betrachten wir die Realität und die Wellen der sexuellen Unmoral heute, von Kleidung und Schamgefühl über Medien und Pornografie bis hin zu Erwartungen bei Verabredungen und Verlobungen, zu Homosexualität und Transgender-Themen.“ Auch das ist für uns heute hochaktuell.

Götzenopfer essen? „Und für Götzen geopferte Speisen? Nicht das Fleisch zu essen, das einem bei einem Arbeitsbankett vorgesetzt wurde, konnte einen in Thyatira den Job kosten. Es gab wirtschaftlichen Druck, sich einfach der falschen Religion in der Stadt anzuschließen. Und wie oft sind wir versucht, einfach mit dem mitzugehen, was die Gesellschaft uns vorsetzt? Ob das, was unsere Jobs uns dazu drängen, zu bejahen, oder das, was unsere Unterhaltung beinhaltet. Oder politische Erwartungen, dass man mit der Linken oder der Rechten, mit Antirassismus oder Nationalismus einverstanden ist.“

Das Kernproblem dieser Gemeinde war „Weltlichkeit – Kompromisse mit der Welt eingehen. Wir Christen heute sind mit genau der gleichen Versuchung konfrontiert und sollten uns jeden Tag aufs Neue fragen, „was es ist, das Sünde normal und Rechtschaffenheit seltsam aussehen lässt? In Filmen, im Fernsehen, im Sport, im alltäglichen Gespräch?“

Bei all dem ist es essentiell, dass wir fest in Gottes Wort gegründet sind, dass wir es in und auswendig kennen, dass wir wissen zwischen Gutem und Bösem zu unterscheiden. Dass wir das lieben, was Gott liebt und dass verabscheuen, was ihm widerwärtig ist. Wir müssen jeden Tag aufs Neue gewappnet sein, durch Gottes Wort und Kraft der Versuchung zu widerstehen und wissen, dass in ihm allein die größte Freude liegt.

Bibliografie:

Bibelzitate folgen dem Bibeltext der Elberfelder Übersetzung.

Mathis, David. “Poisonous Tolerance: Jesus’s Warning to His Church”. Desiring God, 20. Juni 2021. Übersetzt von Lara Zamilski. Link: www.desiringgod.org/messages/poisonous-tolerance (Zugriff: 23.06.2021).