von Stephen Witmer

Übersetzt von Aijanna Kidane

Die Verlorenen, die wir am meisten lieben

Evangelisation bei Freunden und Familie

Artikel in Originalsprache

Die Verlorenen, die wir am meisten lieben

Artikel von Stephen Witmer

Übersetzt von Aijanna Kidane

Evangelisation bei Freunden und Familie

Artikel in Originalsprache

Was ist schwieriger als das Evangelium zum ersten Mal mit jemandem zu teilen, den man liebt? Das Evangelium zum zehnten Mal mit jemandem zu teilen, den man liebt – besonders nachdem die Person (wiederholt) mit Ablehnung oder Gleichgültigkeit reagiert hat.

Wir fühlen uns dann oft, als würden wir feststecken. Als wären wir mit unseren Freunden, unserem Kind, Nachbar oder Ehepartner in einem Stillstand. Wir haben treu gebetet, die Frohe Botschaft deutlich vermittelt und sie geduldig geliebt. Und trotzdem gibt es keine Anzeichen für Veränderungen oder Fortschritte. Was soll man denn noch tun?

Aufgeben kommt nicht in Frage. Zu viel steht auf dem Spiel. Aber wir wissen, dass unerwünschtes Wiederholen derselben Worte über das Evangelium eher abstoßend als überzeugend wirken kann. Sie verhärten mehr als dass sie erweichen. Also, was soll man als nächstes tun? In Gesprächen auf Zehenspitzen herumlaufen? Sich mit Nettigkeiten zufriedengeben? Wir fühlen uns erschöpft und entmutigt. Wir werden eventuell zynisch oder wir finden uns mit der anscheinend unausweichlichen Realität ab, dass die Person, die uns so am Herzen liegt, Jesus niemals kennenlernen wird.

Was sagen wir, wenn wir schon alles gesagt haben? Wie können wir darin standhaft bleiben, den Verlorenen, die wir lieben, nachzujagen?

Wie man sich loslöst

Es gibt mehrere hilfreiche Antworten für die, die auf diese Weise feststecken. Zuerst kann es sein, dass wir zu sehr auf unsere eigene Fähigkeit (oder Unfähigkeit) vertrauen, die geliebte Person zu gewinnen.

Jesus lenkt unsere Sicht weg von uns und hin auf die Vollmacht Gottes. Wir können darauf vertrauen, dass Gott seine Berufenen zu der Zeit, die Er vorhergesehen hat, zu seinem Sohn führen wird (Johannes 6,44). Es kann sein, dass wir viel zu vertieft sind in unsere gegenwärtige Erfolgslosigkeit. Apostel Paulus weist uns stattdessen auf die Zukunft hin: „Lasst uns aber im Gutestun nicht müde werden, denn zu seiner Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht ermatten.“ (Galater 6,9)

Ein anderer Grund für unsere Verzweiflung und Verwirrung kann sein, dass wir Satans Lüge – dass wir uns in einer statischen Situation befinden – Glauben schenken. Wenn wir ehrlich sind, sind wir tief in unserem Herzen davon überzeugt, dass sich nichts jemals ändern wird. Der Grund, warum wir uns so fühlen, könnte der unausgesprochene Glaube sein, der sich ungefähr so anhört: Das Evangelium, das ich weitergebe, ist unveränderlich und ich habe es schon mehrmals überbracht. Es gibt nichts mehr, was ich sagen kann. Ich habe alles getan. Nichts wird sich verändern.

Aber was ist, wenn das Evangelium mehr ist (und nicht weniger) als den Inhalt der Frohen Botschaft zu vermitteln? Was ist, wenn Menschen viel komplexer und unberechenbarer sind, als wir denken? Und was ist, wenn die Situation in Bezug auf unseren Ehepartner, unser Kind, unseren Freund, unser Elternteil oder Nachbar viel mehr Potenzial zur Veränderung hat, als Satan uns glauben lassen will? In Anbetracht eines scheinbaren Stillstandes ist es erfrischend und ermutigend, sich drei dynamische Tatsachen in jeder Beziehung mit einer geliebten ungläubigen Person bewusst zu machen.

Die Person wird sich verändern

Es ist sehr leicht zu glauben, dass die Person, die dir am Herzen liegt, und dich schon mehrmals abgewimmelt hat, das Evangelium niemals für sich annehmen wird. Aber Menschen verändern sich. Es gibt einen beliebten Mythos, welcher besagt, dass jede Zelle in unserem Körper alle sieben Jahre ersetzt wird. Das heißt, dass wir wortwörtlich alle 84 Monate andere Menschen sind. Obwohl diese Theorie nicht stimmt, ist sie eine hilfreiche Metapher. Dein 45 Jahre altes Ich ist eine andere Person als dein 35 Jahre altes Ich (welche eine andere Person ist als dein 25 Jahre altes Ich). Und diese Tatsache sollte uns hoffnungsvoll stimmen.

Ich habe einen Freund, welcher Jahr für Jahr das Evangelium an hunderte Pflegeheimbewohner weitergibt. Die Pandemie hat diesen Dienst radikal verändert. Doch er ist kreativ geworden und besucht die Heimbewohner digital über ein iPad, das von einem Pfleger gehalten wird. Vor nicht allzu langer Zeit bat mein Freund mich um Gebet für einen Mann namens Bob. Vor Covid19 war Bob nicht sonderlich interessiert an der Frohen Botschaft. Aber es hat eine dramatische Veränderung stattgefunden. Jetzt ist er offen für das Evangelium und begierig auf Besuche, Gebet und Bibellesen.

Gott benutzte das Virus, um das alles zu tun. Wer hätte das vorhersagen können? Niemand von uns weiß, was für Veränderungen für unsere Geliebten vorhergesehen sind. Wenn die Umstände sich verändern, können auch sie sich verändern. Und plötzlich könnten sie das Evangelium nicht mehr als wertlos und irrelevant betrachten, sondern als kostbar und wesentlich.

Du wirst dich verändern

Während meiner Studienzeit, teilte ich ein Haus mit einer Menge anderer Studenten und einer davon war ein Engländer. Wir sahen einander ziemlich oft in der Küche, wo wir unsere Mahlzeiten zubereiteten. In unseren Gesprächen kam es oft vor, dass ich Sachen sagte wie, „Ich habe heute Morgen was Interessantes in der Bibel gelesen,“ oder „Ich wurde heute wirklich von dem, was ich im Gottesdienst gehört habe, herausgefordert.“ Für mich war das ganz normal. Ich teilte einfach mein Leben mit ihm, wie ich es mit all meinen Freunden tat.

Nach einer Weile war es mir gelungen durch diese Gespräche in der Küche, das Evangelium mit ihm zu teilen. Zu dem Zeitpunkt war mir nicht bewusst, was sich alles in seinem Leben zutrug. Er befand sich in einer Zeit des Leides und war auf der Suche und das Evangelium wurde für ihn attraktiv. Eines Abends – diesen Abend werde ich niemals vergessen – nahm er mich im Wohnzimmer zur Seite und teilte mir mit, dass er Christ geworden sei.

Einer der Gründe, wieso wir uns fühlen, als würden wir in unserer Evangelisation feststecken, könnte der sein, dass wir unsere Aufgabe darauf reduziert haben, Menschen zu erzählen, wie sie errettet werden können. Das ist ja auch zentral und grundlegend. Aber wenn dies alles ist, was wir weiterzugeben haben, wir das auch schon getan haben und abgelehnt worden sind, fühlen wir uns wie festgefahren. Aber unser Auftrag ist viel tiefer und vielseitiger als das. Wir sollen die Frohe Botschaft und uns selbst geben (1. Thessalonicher 2,8). Ein durch das Evangelium erlöstes Leben erzählt das Evangelium mit einzigartigen, persönlichen und nachvollziehbaren Details.

Also gibt es auch nachdem man Ablehnung erfahren hat, sehr viele fruchtbare Gespräche über das Evangelium, die man führen kann. Zum Beispiel können wir weiterhin zeigen, was die Frohe Botschaft für uns bedeutet. Wir können darüber reden, dass neue Rückschläge und Probleme uns helfen, Christus mehr zu vertrauen. Es ist möglich, dies alles auf eine Art und Weise zu tun, die natürlich, ungezwungen und nicht predigend wirkt. Wir können unsere Erlebnisse mit Christus an die Menschen weitergeben, die wir lieben. Es gibt immer neue Dinge, die wir weitergeben können.

 

Deine Freundschaft werden sich verändern

Ich habe einen langjährigen Freund, der Jesus nicht kennt. Er hat ein Geschäft, das ich regelmäßig besuche. Nicht unbedingt, weil ich das, was er verkauft benötige, sondern weil ich weiß, dass er das benötigt, was ich ihm geben kann.

Am Anfang unserer Freundschaft haben wir nur Smalltalk betrieben – über das Wetter und Sport. Dann haben wir angefangen, einander von unseren Kindern und unseren Familien zu erzählen. Über die Jahre haben wir über Dinge wie die Kirche, das Evangelium, den Tod und Freundschaft geredet. Wenn ich der Einzige in seinem Geschäft bin, werden unsere Unterhaltungen sehr schnell sehr tiefgründig. Ich habe ihn schon einige Male in den Gottesdienst eingeladen und er hat die Einladung immer abgelehnt. Ich habe ihm das Evangelium erklärt und er hat es nicht für sich angenommen. Aber ich habe Hoffnung und dies teilweise auch, weil unsere Freundschaft nicht statisch ist.

Ich kann ihm heute mehr sagen, als ich vor fünf Jahren konnte. Was kann ich wohl in fünf Jahren mit ihm teilen? Gehe nicht davon aus, dass deine Beziehung zu deinem Freund, Kind, Ehepartner oder Nachbar immer so sein wird wie sie heute ist. Nein! Gehe eher davon aus, dass sie sich verändern wird. Und bitte den Herrn, Türen durch diese Veränderungen zu öffnen.

Gib nicht auf

Mein Freund, der im Pflegeheim dient, hat mir einmal von einem Mann namens Rich erzählt. Rich ist ein ehemaliger Ingenieur, der in diesem Pflegeheim wohnt. Eines Julinachmittags vor ein, zwei Jahren entschied er sich nach einem langen Gespräch dazu, dass er Jesus kennen lernen möchte. Er betete und lud Jesus dazu ein, sein Retter zu sein. Kurz danach, begann er eine Jüngerschafts-Beziehung mit meinem Freund. Sie lasen zusammen das Johannesevangelium. Rich war 98 Jahre alt.

Ich frage mich, wie viele Menschen ihm über die Jahre das Evangelium erzählt haben. Ich frage mich, wie viele die Hoffnung aufgegeben haben, weil es nicht zu ihm durchgedrungen war. Aber nach 98 Jahren hat Gott ihn errettet.

Bitte, lass dich nicht entmutigen. Glaube nicht der Lüge, dass sich nichts je ändern wird und es nichts mehr gibt, was du tun kannst. Gib dich nicht der Überzeugung hin, dass dein Ehepartner, Kind, Nachbar oder Freund Jesus nie kennenlernen wird. Bete weiter. Sprich immer, wenn du die Möglichkeit hast, weiterhin geduldig mit ihnen. Liebe sie weiterhin mit der Liebe Jesu. Teile die Höhen und Tiefen deines Lebens mit ihnen, während du dich an Jesus hängst und in ihm wächst. Sei standhaft und gib die Verlorenen, die du liebst, nicht auf.