2. Juni 2021 | von Lara Zamilski

Wachsen – aber wie?

„Ich sehne mich danach, weniger ängstlich und mutiger im Glauben zu sein, dienender und weniger selbstsüchtig, weniger um meinen eigenen Erfolg besorgt und mehr erfreut über den Erfolg anderer. Aber, oh, es ist so schwer, zu wachsen! Der Prozess ist langsam.“

Die Worte, die Stephen Witmer (Pastor und Autor von Desiring God) hier schreibt, kommen mir altbekannt vor. Werde ich mich jemals verändern? Wann werde ich im Glauben endlich Fortschritte machen? Wann werde ich endlich reifer und fester gegründet in Gottes Wort? Wann werde ich mehr in Christus wachsen?

David Mathis (Executive Editor von Desiring God) erinnert uns in all unserem Ringen und Streben nach geistlichem Wachstum an etwas Wichtiges. Es ist außer Frage, dass das Wachsen und Reifen in Christus wunderbar und äußerst wichtig ist. Paulus sagt in 2. Thessalonicher 1,3: „Wir müssen Gott allezeit für euch danken[2], Brüder, wie es angemessen ist, weil euer Glaube reichlich wächst und die Liebe zueinander bei jedem Einzelnen von euch allen zunimmt“. An einer anderen Stelle macht Petrus deutlich, dass es sogar eine Aufforderung ist: „Wachset aber in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus!“

Doch Mathis hält in all dieser Wichtigkeit inne und sagt: „Wir sollten für uns selbst und für andere oft deutlich machen, wer es ist, der es [das Wachstum] bewirkt, wie wir es anstreben sollen und was das größere Ziel jenseits des Wachstums ist, auf das wir schauen.“

„Das erste, was zu sagen ist, ist, dass das Wachsen in Christus nicht etwas ist, das wir produzieren können. Wir sind zweifellos an dem Prozess beteiligt, aber Gott ist der Versorger. „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen“ sagt Paulus, „Gott aber hat das Wachstum gegeben. So ist weder der da pflanzt etwas, noch der da begießt, sondern Gott, der das Wachstum gibt“ (1. Korinther 6-7). Wenn wir in der Heiligkeit des Verstandes, des Herzens und des Lebens wachsen – und immer mehr im Gleichschritt mit dem Geist wandeln (Galater 5,25) -, werden nicht wir zum Objekt des Lobes, sondern Gott. Er gibt das Wachstum. Er ist der große Versorger hinter und in allen Handlungen, die wir als Mittel seiner Gnade ergreifen.“

Wir können unser Wachsen in Christus nicht produzieren, egal wie sehr wir uns anstrengen geistlich zu sein. Gott ist derjenige, der das Wachstum schenkt. Es ist ihm alleine vorbehalten. Doch wie können wir uns dann in den Prozess des Wachstums einbringen? Wichtig ist, dass „unser Fokus nicht auf unseren Handlungen, unserer Technik, unseren Bemühungen und unserem Entschluss, uns zu verbessern, liegen soll, sondern auf der Herrlichkeit Christi.“ Es geht nicht um uns, sondern darum, dass Christus in all dem, was wir tun und anstreben, verherrlicht wird, dass sein Name erhoben wird und er in allem die Ehre bekommt. Die wunderbare Wahrheit in all dem ist, dass wir uns nicht abstrampeln müssen. Christus kommt zu uns, dort, wo wir gerade stehen – in unsere Kämpfe, in unser Versagen, in unsere Schwachheit. Er sagt nicht, „Okay, komm erstmal dorthin und dann sehen wir weiter.“ Nein! Er kommt zu uns, in unsere Situation und geht mit uns, trägt uns in seiner Gnade.

Mathis sagt so zutreffend: „Um in Christus zu wachsen, machen wir uns nicht auf den Weg, um zu wachsen; wir machen uns auf den Weg, um seine Güte zu schmecken.“

Wir machen uns auf den Weg, um seine Güte zu schmecken. Ist das nicht wunderbar? Statt uns abrackern und etwas Leisten zu müssen, sagt unser lieber Herr: „Komm, sehe und schmecke, wie freundlich und gütig ich bin.“ Es ist eine Einladung, ihn selbst mehr und tiefer kennenzulernen!

Wie können wir also wachsen?

Mathis zitiert Kolosser 2,19: Die Gemeinde, der Leib Christi wächst, wenn sie „festhält das Haupt, von dem aus der ganze Leib, durch die Gelenke und Bänder unterstützt und zusammengefügt, das Wachstum Gottes wächst“. Christus ist das Haupt. Wir wachsen nur, wenn wir uns an ihm festhalten, seine Gnade und Güte schmecken und mehr erkennen, wie er ist.

Mathis sagt weiter: „[Christus] ist die größte Gabe auf diesen Wegen, nicht unser Wachstum. Das große Ziel unserer Gewohnheiten der Gnade ist es, ihn zu kennen und zu genießen. Die letzte Freude in jeder wirklich christlichen Disziplin, Praxis oder Lebensrhythmus ist die „unübertrefflichen Größe der Erkenntnis Christi Jesu“ (Philipper 3,8). Die Gewohnheiten der Gnade, von denen Mathis spricht und die wir kultivieren sollen, sind „Gottes Stimme hören (in seinem Wort), auf ihn hören (im Gebet) und zu seinem Leib gehören (in der Ortsgemeinde).“

Das Ziel ist es jedoch nicht, ein fachkundiger Bibelleser zu sein oder jemand, der treu seiner Gemeinde dient (obwohl diese Effekte wunderbar sind!). All das darf nicht unser Fokus sein. Dieser Platz ist Jesus allein vorbehalten. Unser Ziel muss es schlicht sein, jemand zu werden, der „mich erkenn[t], dass ich der HERR bin“ (Jeremia 9,24). „Gottes Gnadenmittel und ihre vielen guten Auswirkungen werden dazu dienen, uns ihm ähnlicher zu machen, aber nur, wenn unser Fokus immer wieder zu Christus selbst zurückkehrt, nicht zu unserer eigenen Christusähnlichkeit.“ Während wir Jesus suchen – ob in Gottes Wort oder im Gebet – und seine Herrlichkeit uns immer deutlicher wird, während wir ihn alleine betrachten, werden wir in sein Bild hineingeformt.

„Wachstum ist nicht das Ziel. Geistliches Wachstum ist ein wunderbarer Effekt der geistlichen Disziplin, aber es ist nur ein Effekt. Das Herz in jeder Gewohnheit dient diesem einen großen Ziel: Jesus kennenzulernen und sich an ihm zu erfreuen.“

Ist das nicht so gnädig von unserem Herrn? Wir müssen uns nicht abrackern, eine To-Do Liste an geistlichen Diensten abarbeiten, oder verkrampft in der Bibel lesen. Christus kommt zu uns, während wir innehalten und ihn anschauen. Wir dürfen uns zu seinen Füßen hinsetzen und zuhören, was er sagt. Wir dürfen mit ihm reden wie mit einem Freund. Wir dürfen wahrhaftig schmecken, dass er gütig ist. Wir dürfen uns an ihm freuen, ihn genießen und seinen Frieden festhalten. Und in all dem, während wir ihn besser kennenlernen und mehr genießen, werden wir in sein Bild geformt und erleben echtes Wachstum. Und das ist auch unsere Hoffnung.

Bibliografie:

Bibelzitate folgen dem Bibeltext der Elberfelder Übersetzung.

Mathis, David. “Growth Is Not the Goal”. Desiring God, 1. März 2016. Übersetzt von Lara Zamilski. Link: https://www.desiringgod.org/articles/growth-is-not-the-goal (Zugriff: 02.06.2021).

Witmer, Stephen. “Will I Ever Change? Fresh Hope for the Spiritually Stuck.” 16. April 2021. Übersetzt von Lara Zamilski. Link:https://www.desiringgod.org/articles/will-i-ever-change (Zugriff: 02.06.2021).